Elenors Geburt

Einen Tag vor dem errechneten Termin fingen abends um 11 Uhr die Wellen an, diese kamen regelmäßig bis 3 Uhr nachts. Da ich mich mit dem Konzept Hypnobirthing 2.0 vorbereitet habe, habe ich während der Wellen einfach auf meine Atmung geachtet und dabei meine Hüfte etwas bewegt. Zwischen den Wellen konnte ich immer etwas wegdösen. Gegen 3 Uhr wurden sie wieder seltener. Um 6 Uhr war ich wach und erzählte meinem Mann davon. Die Wellen gingen beim kuscheln wieder weg und da wir Anfang April wunderschönes Wetter hatten, haben wir uns zwei Stunden später für eine kleine Gassirunde entschieden. Die Wellen kamen nur alle 15 Minuten, dafür aber stark genug, um kurz innezuhalten und mit kreisenden Hüften zu atmen. Dies ging den ganzen Tag so – Ute war informiert, falls sich mehr tut. Wir haben den Tag mit unserer großen Tochter draußen genossen. Ich habe die letzten Stunden meiner Tochter als Einzelkind nochmal voll Dankbarkeit mit ihr verbracht. Wir haben gespielt und ein paar Sachen für das Baby vorbereitet, auch hier nur alle 15-30 Minuten mal eine Welle zum veratmen. Da bei jeder Welle ein kleines bisschen Blut mitkam und ich auch beim abtasten Unterschiede gespürt habe, waren die Wellen wohl schon Muttermundswirksam. Als ich meine Tochter zum Mittagsschlaf gestillt habe, hat die Ausschüttung des Oxytocins einen kleinen Wellensturm ausgelöst mit siebenintensiven Wellen innerhalb von 20 Minuten. Als sie schlief ging ich in die Wanne und bleib mit Ute in Kontakt. Doch auch hier vergingen die Wellen wieder. Erst um 16 Uhr wollte ich mich langsam in das Geburtszimmer zurückziehen und teilte dies Ute am Telefon mit. Während wir auf sie und die Studentin Leni warteten, richteten wir die Geburtswanne (aus organisatorischen Gründen eine aufblasbare Badewanne) und Deko her. Unter anderem meine Lieblingsduftkerzen, drei selbstgebastelte Geburtskerzen von meinem Mann, meiner Tochter und mir und auch noch einen Geburtskamm, das erste Outfit und meine selbstgebastelten Affirmationskarten, die ich schön auf dem Wickeltisch verteilte. Mein Mann musste nun bei manchen Wellen etwas Druck auf das Becken ausüben, das hat mir beim Entspannen des Beckenbodens geholfen. Es lief unsere Geburtsplaylist zu der ich mich schon die gesamte Schwangerschaft entspannt hatte. Unsere Tochter war mit meinen Eltern – die im gleichen Haus wohnen – Einkaufen gefahren und hatte eine gute Zeit. Als Ute und Leni ankamen und wir uns unterhielten meinte ich, beim abtasten wäre ich bei ca. 5 cm und im Moment bräuchte ich noch niemanden. Also sind sie wieder heimgefahren und meine Wellen waren wieder gänzlich verschwunden. Als meine Tochter um 18 Uhr wiederkam war ich sehr frustriert, weil sich gefühlt nichts getan hat. Also beschloss ich, es sei die richtige Zeit für eine Tanzparty – es war die schönste Tanzparty die wir zu dritt bis jetzt hatten, eine ganze Stunde haben wir gemeinsam getanzt, gelacht und gesungen. Währenddessen kamen auch wieder ein paar Wellen, die ich aber durch die Tanzbewegungen super wegtanzen konnte. Als meine Tochter dann wieder bei den Großeltern war ging alles wieder von vorne los, denn die Wellen waren verschwunden. Zwei Stunden später war ich so frustriert, dass ich zu meinem Mann meinte „so…wir gehen jetzt aus dem Raum hier raus, ich hab keinen Bock mehr“. Also ging er eine Runde zocken und ich ging ins Bett. Da mich eine halbe Stunde später dort aber so eine intensive Welle überrollte, die durch das „nicht bewegen“ so stark wurde, strich ich auch diesen Plan und ging mit ins Wohnzimmer. Zwar immer noch entspannt aber in dem Moment auch etwas verzweifelt rief ich Ute an, ob sie mal gucken könne, ob das Baby vielleicht falsch lag oder ähnliches. Sie kam um ca. 22 Uhr und beim Abtasten meinte sie: „Du bist doch schon bei 7 cm, oh guck, wenn du eine Welle hast kommst du schon auf 8cm – ich bleib dann mal hier“. Also schlugen wir das Lager im Geburtszimmer wieder auf – die Wellen kamen nun immerhin auch regelmäßiger, trotzdem nur alle 10-15 min. Es folgten wunderschöne Stunden in so einer tollen Atmosphäre, in der ich mit meinem Mann scherzte und lachte, die Musik genoss und mich einfach auf und über die Geburt freute. Ute hat zwischendurch immer mal nach uns geguckt und gegen Mitternacht kam dann auch Leni – das Baby würde also nicht am errechneten Termin kommen.  Als Ute mich zwischendurch abtastete war ich bei 9cm, wenn eine Welle kam hab ich automatisch mitgeschoben und sie konnte den Muttermundsrand fast zur Seite schieben. Da dann keine Welle mehr kam, ging es aber nicht komplett.

Die Fruchtblase war noch geschlossen und sie hat vorgeschlagen, dass sie sie eröffnen könnte, ich aber vielleicht erstmal für ein paar Wellen auf die Toilette gehen sollte, um die Schwerkraft zu nutzen. Als ich mich hinkniete um aufzustehen kamen aber noch intensivere Wellen und ich dachte, das Baby könnte vielleicht gleich kommen, so dass ich nicht raus wollte. Ich wusste, dass ich draußen frieren würde und das hinderte mich ebenfalls am Aufstehen und rausgehen. Insgesamt haben Leni und Ute drei Mal Wasser aus der Wanne geschöpft, damit wir warmes Wasser nachlaufen lassen konnten, da mir kalt wurde. Dennoch war die Stimmung für mich magisch. Unsere Musik, der Kerzenschein, das warme Wasser und Babys Papa, der mir äußerlich so ruhig und stärkend zur Seite stand. Ich konnte in jeder Welle in mich gehen, schloss die Augen, hielt meinen Geburtskamm mit starkem Griff fest und veratmete die Wellen. Erst eine Weile vor der Geburt habe ich auf ein sehr tiefes Tönen gewechselt, gepaart mit einem „nach unten schieben“. Jedoch hatte ich manchmal das Gefühl, nicht richtig schieben zu können, sodass ich in Absprache mit Ute auf meinen Körper hörte und einfach das tat, was sich richtig anfühlte. Um ca. 2 Uhr meinte ich zu Ute, warum ich denn so müde sei, ich würde gern ein bisschen schlafen. Ich war tiefenentspannt zwischen den Wellen, hatte während den Wellen aber keine Lust mehr – was in der Regel ein sehr gutes Zeichen für mich ist, da die Geburt dann kurz bevor steht, dessen war ich mir auch währenddessen bewusst.  Sie meinte, es sei ja auch schon zwei Uhr Nachts – und so „erlaubte“ sie mir zu schlafen und sagte, dass Leni und sie in 15 Minuten wieder kommen würden. Gesagt, getan. Ich döste also gute 10 Minuten im Wasser, Der Papa neben mir, Koda – unser Hund – schlafend an einem Polster angeleint nebendran im Schlafzimmer. Im Nachhinein sagte mir Ute, dass sogar die beiden einen Powernap auf unserer Couch machten. Sozusagen die Ruhe vor dem Sturm oder besser: vor einer wundervollen Geburt. Die Wellen wurden nun sehr druckintensiv. Ich stand auf und lehnte mich bei jeder Welle an meinen Mann, der mit mir in den Wellen gemeinsam in die Knie ging und mich kuschelte, während die Wellen Pause machten. Auch hier war der Abstand noch bei mehreren Minuten. Als mich eine Welle in die Knie zwang und ich wieder in der Wanne saß, bat ich Ute um Aufklärung über die Risiken des eröffnens der Fruchtblase, ich hatte keine Lust mehr und dachte, vielleicht sei das ja doch eine gute Lösung. Ich hatte mich dazu entschlossen und wusste, jetzt muss mir mein Mann sofort aufhelfen, sonst mach ichs nicht. ‚Jetzt oder nie‘ – die beste Entscheidung des Tages. Warum? Ein kleines Plopp zwischen meinen Beinen, etwas rot-grünliche (Mekonium) Flüssigkeit auf der Unterlage. Ute meinte „das könnte Fruchtwasser gewesen sein“. Irgendwo in mir die Erleichterung „wir brauchen keine Intervention mit der Fruchtblase, alles darf von allein passieren“. Eine sehr kräftige Welle mit Druck nach unten übermannte mich. Mein Mann meinte nur, ich solle mich wieder bei ihm festhalten, da ich mich auf den Knien aufstütze. „geht nicht, ich brauche das grad so“ meinte ich, während ich folgenden inneren Dialog führte:- geh in die tiefe Hocke! – boah ne, niemals, das wird so intensiv, da komm ich nie wieder hoch und muss die nächsten Wellen drin verharren- doch! Es geht nicht anders, du brauchst jetzt die tiefe Hocke!! – puh …na gut, Ute sagt, wir brauchen jetzt bisschen Druck, dann los. Und zack, ging ich in die tiefe Hocke, hielt mich an den Beinen des Papas fest, der wusste erstmal gar nicht, was er jetzt mit seinen Händen machen sollte und entschied sich wieder genau richtig: einfach meinen Kopf kraulen. Und dann geschah, was keiner gedacht hatte. Während Ute erst einen Handschuh anzog und Papa mich ein bisschen dirigierte, um Ute mehr Platz zu verschaffen, kam die nächste Welle. Und mit ihr: ein tiefes, unaufhaltbares Brüllen, dazu der Fetus Ejection Reflex, der dafür sorgte, dass ich absolut nichts machen musste, außermeinen Körper machen zu lassen. Dann die Aussage von Ute „da ist das Köpfchen“ gepaart mit der intuitiven Entscheidung, dass ich keine Welle mehr länger auf mein Baby warten werde. Also kam nochmal ein Brüllen aus voller Urkraft, die ich mir nicht erklären kann….und dann… dann war das Baby da. Zwischen meinen Beinen konnte ich es direkt in meine Arme nehmen, es weinen hören, kurz ankommen. Danach kam direkt die Neugier: „Es ist ja ein Mädchen!“ Sagte ich zu meinem Mann, der mir zunickte- schließlich wusste er es schon – er durfte es beim Frauenarzt erfahren, weil ich es nicht wissen wollte. Und es fühlte sich so richtig an.  „Hallo Elenor“ dachte ich. Meine wundervolle, kleine Elenor. Wir haben es zusammen geschafft und es war so wunderschön und kraftvoll.